Deutschland:
 
Volkwirtschaftliche Auswirkungen von Naturkatastrophen
     
 

Naturkatastrophen sind Angebotsschocks

Volkswirte benutzen den Fachbegriff Angebotsschock, um kurzzeitige Veränderungen der „Produktionsbedingungen“ zu beschreiben. Negative Schocks können Missernten, Streiks oder auch Naturkatastrophen sein,

Besonders die beiden Ölkrisen aus den Jahren 1973/1974 und 1979 machten auf die Angebotsschocks aufmerksam.

Allerdings müssen Schocks nicht immer negativ sein, auch positive Entwicklungen sind möglich.

Volkswirte betrachten eine Naturkatastrophe als eine Abwärtsverschiebung der Produktionsfunktion. Die folgende Abbildung zeigt die Produktionsfunktion vor und (gestrichelt) nach dem Schock.

Auf der Y-Achse wird mit Y die Produktionsmenge angegeben, die mit dem Arbeitseinsatz (der gesamten Gesellschaft) zunimmt. Auf der Abszisse (X-Achse) ist der Arbeitseinsatz abgebildet. Da durch die schlechten Witterungsbedingungen (Schock) weniger produziert werden kann, sinkt die Produktionsfunktion ab.

So kann man sich vorstellen, dass die Betriebe nur eingeschränkt produzieren können, Zulieferer verspätet liefern usw.

Die Auswirkungen auf die Produktion und den Zinssatz können nun in einer zweiten Graphik beschrieben werden.

Dabei ist auf der Ordinate (Y-Achse) der Zinssatz R und auf der Abszisse die Produktion Y und der Konsum C dargestellt.

Die Nachfrage der Konsumenten und die Produktion treffen sich im ungestörten Fall bei einem Zinssatz R. Der Markt wird geräumt, da genau so viel produziert wird, wie konsumiert wird.

Der Zinssatz spielt bei dem Ausgleich von Konsum und Produktion eine große Rolle. Er gleicht unterschiedliche Nachfrage und Angebote auf unterschiedlichen Märkten aus.

Zur Naturkatastrophe :

Nun sinkt die Produktion durch die Naturkatastrophe (Y verschiebt sich nach oben zu Y') bei gleich bleibenden Arbeitseinsatz. Das Güterangebot nimmt etwas ab.Das Vermögen der Wirtschaftssubjekte verringert sich etwas (da weniger produziert wird). Da die Störung als nur kurzfristig empfunden wird, wird die negative Reaktion beim Konsum (durch das geringer Vermögen)= nur schwach sein, da die Menschen erwarten, dass sich die Situation wieder bessert und mehr produziert werden kann und somit wieder mehr Vermögen zur Verfügung steht.

Die Angebotskurve der Unternehmen verschiebt sich in diesem Fall wesentlich stärker, als die Nachfragekurve der Unternehmen. Somit bildet sich ein neuer höherer Zinssatz, der den Markt räumt.

Warum ist dies so ? Aufgrund der verringerten Produktionsbedingungen wollen viele Menschen ihren Konsum nur schwach einschränken und reduzieren daher die Ersparnis oder nehmen einen Kredit auf. Da dies nicht alle machen können, da die Ersparnis über die gesamte Volkswirtschaft gerechnet (ohne Ausland) ausgeglichen sein muss, erhöht sich der Zinssatz.

Dieser erhöhte Zinssatz sorgt allerdings jetzt wieder dafür, dass der Arbeitseinsatz sich wieder erhöht und die Freizeit abnimmt und dadurch sich die Produktion wieder etwas erhöht.

Zusammenfassung :

Bei einem temporären Angebotsschock durch eine Naturkatastrophe muss mit einem Rückgang der Produktion, einem verstärkten Arbeitseinsatz und einem steigenden Zinssatz gerechnet werden.

Quelle : Barro, Robert ; Makroökonomie (1992)

Bestätigungen für die Analyse gibt es in historischen Daten :

Frankreich im 19. Jahrhundert

In Frankreich im 19. Jahrhundert kann nachgewiesen werden, dass durch witterungsbedingten schlechten Erntejahren bei einem Abnahme der Weizenproduktion von 10 %, der Zinssatz um 0,1 % anstieg.

Was passierte in Ostdeutschland im Sommer 2002 ?

Die Flut an der Elbe zeigt sich in den Wirtschaftsdaten kaum. Der Schock ist nicht groß genug für die Wirtschaft gewesen, um Spuren in der Statistik zu hinterlassen. In den Jahresdaten zeigt sich weder ein „flutbedingter“ Rückgang des BSP's in der Gastronomie und im Handel, noch in der Bauwirtschaft, noch in der Landwirtschaft oder im Gesamt-BSP von Sachsen.

Auch in den Monatsdaten sind keine Hinweise auf die Flut zu finden.

Die Auswirkungen der Flut 2002 auf das BSP in Sachsen sind zu vernachlässigen.

Somit lässt sich das Modell an aktuellen Daten in Deutschland nicht verifizieren.

weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in unseren Buchveröffentlichungen